„Die Beliebigkeit von Wahrheit und Irrtum.
Das ist der Titel folgendenden Referates
Prof. Dr. Josef Mitterer
Referat auf dem 8. Philosophicum Lech
Freitag, 17. September 2004
„Die Beliebigkeit von Wahrheit und Irrtum.
Mit einem Exkurs über Wahr- und Falschnehmung“
Ich habe damals einiges " nebenbei" zu diesem Thema gelesen ...
alles setzte sich ( im Hirn nieder - und wurde bequem -)
Folgendes hatte ich gespeichert und diese Worte waren auch Ausgangspunkt meiner Überlegungen.
Philosophie ist eine Argumentationstechnik mit deren Hilfe beliebige Eigenauffassungen als wahr oder richtig immunisiert und beliebige Gegenauffassungen als falsch oder irrig kritisiert werden können. Das ist die zentrale These des Vortrages und sie widerspricht dem philosophischen Selbstverständnis: Über alle Meinungsverschiedenheiten hinweg bildet die erfolgreiche Suche nach Wahrheit und Erkenntnis Ziel und Motivation philosophischer Erkenntnisanstrengung.
Ich werde versuchen, einige Züge und Tricks dieser Argumentationstechnik transparent zu machen: den Einsatz von Kriterien und Schiedsrichtern, die Dualisierung der Erkenntnissituation das Machen von Voraussetzungen, die Depersonalisierung von Eigenauffassungen und die Personalisierung von Gegenauffassungen, und vor allem die Unterscheidung von Wahrheit und Irrtum.
Vielleicht muss ich ja hier gar nicht so doll wissenschaftlich werden - könnte es auch nicht, da nicht vom Fach - aber das tatert mich schon interessieren, wie das so ist mit der Beliebigkeit von Wahrheit und Irrtum.
Ist dieser - uns wahrscheinlich meist unbewusste - Wechsel der Wahrnehmung eine notwendige Strategie im „ Lebenskampf“?
Ist das Depersonalisieren von Eigenauffassungen nicht eine der Hauptaufgaben aller Humanwissenschaften ??? baut man so "objektivierten Irrtum" als verfälschteWahrheit " auf ?
Prof. Dr. Josef Mitterer
Referat auf dem 8. Philosophicum Lech
Freitag, 17. September 2004
„Die Beliebigkeit von Wahrheit und Irrtum.
Mit einem Exkurs über Wahr- und Falschnehmung“
Ich habe damals einiges " nebenbei" zu diesem Thema gelesen ...
alles setzte sich ( im Hirn nieder - und wurde bequem -)
Folgendes hatte ich gespeichert und diese Worte waren auch Ausgangspunkt meiner Überlegungen.
Philosophie ist eine Argumentationstechnik mit deren Hilfe beliebige Eigenauffassungen als wahr oder richtig immunisiert und beliebige Gegenauffassungen als falsch oder irrig kritisiert werden können. Das ist die zentrale These des Vortrages und sie widerspricht dem philosophischen Selbstverständnis: Über alle Meinungsverschiedenheiten hinweg bildet die erfolgreiche Suche nach Wahrheit und Erkenntnis Ziel und Motivation philosophischer Erkenntnisanstrengung.
Ich werde versuchen, einige Züge und Tricks dieser Argumentationstechnik transparent zu machen: den Einsatz von Kriterien und Schiedsrichtern, die Dualisierung der Erkenntnissituation das Machen von Voraussetzungen, die Depersonalisierung von Eigenauffassungen und die Personalisierung von Gegenauffassungen, und vor allem die Unterscheidung von Wahrheit und Irrtum.
Vielleicht muss ich ja hier gar nicht so doll wissenschaftlich werden - könnte es auch nicht, da nicht vom Fach - aber das tatert mich schon interessieren, wie das so ist mit der Beliebigkeit von Wahrheit und Irrtum.
Ist dieser - uns wahrscheinlich meist unbewusste - Wechsel der Wahrnehmung eine notwendige Strategie im „ Lebenskampf“?
Ist das Depersonalisieren von Eigenauffassungen nicht eine der Hauptaufgaben aller Humanwissenschaften ??? baut man so "objektivierten Irrtum" als verfälschteWahrheit " auf ?
Nante - 1. Mär, 11:18
Bubi40 - 1. Mär, 14:30
manche dinge verfolgen einen sein leben lang ...
ich entsinne mich deutlich daran, wie du, noch als schülerin, mit einem studenten der philosophie und slawistik, der ein semester in berlin studierte, unserem cousin günter, heftig über lüge und irrtum strittet. wenn mich meine erinnerung nicht täuscht, blieben schlussendlich zwei konträre aussagen übrig. welche davon nun wahr, und welche falsch war ... wer will das entscheiden ... für jeden war seine aussage die wahre ... immerhin brachte es günter zum prof. und institutsleiter an der uni hamburg ... aber deshalb muss deine meinung nicht falsch gewesen sein ... denke ich ...
ich setze mich nun wieder, als tumber tor, still in die ecke und werde versuchen, den argumenten zu folgen .
ich setze mich nun wieder, als tumber tor, still in die ecke und werde versuchen, den argumenten zu folgen .
Nante - 1. Mär, 17:32
Übens sich nicht in eitler Bescheidenheit, Herr Bruder
so weit ich mich an die endlosen Diskussionen erinnere, die uns unser gelehrter und viel älterer Cousin " verordnete", hast Du Dich ebenfalls wacker geschlagen ... allerdings - Du Missbruder - auf die Seite unseres wortgewaltigen Familiengelehrten. * lach* * lach*
Heute weiß ich, dass sogar ER die Begriffe Lüge und Irrtum nicht genau definierte. Mit genauen Definitionen kann ein Irrtum keine Lüge sein.
Heute weiß ich, dass sogar ER die Begriffe Lüge und Irrtum nicht genau definierte. Mit genauen Definitionen kann ein Irrtum keine Lüge sein.
Nante - 1. Mär, 17:21
liebe thau ...zu)
"oder einfach so:
aus der Person kommen die Eigenschaften der Gedanken,
ausgelegt je nach Stimmung"
Ja, so kann ich diesen Gedanken der Beliebigkeit im intrapersonellen Bereich - in der Einzelperson - auch sehen...
Und so ist eben ein und dasselbe Faktum mal " wahr"( im Sinne von richtig) - mal falsch ( im Sinne von irrtümlich)...
Du siehst, dass ich bei SimF auch so argumentiert habe ...
aus der Person kommen die Eigenschaften der Gedanken,
ausgelegt je nach Stimmung"
Ja, so kann ich diesen Gedanken der Beliebigkeit im intrapersonellen Bereich - in der Einzelperson - auch sehen...
Und so ist eben ein und dasselbe Faktum mal " wahr"( im Sinne von richtig) - mal falsch ( im Sinne von irrtümlich)...
Du siehst, dass ich bei SimF auch so argumentiert habe ...
thau - 2. Mär, 10:36
liebe Nante, ich möchte Dir noch sagen,
Deine Sätze sind mir erquicklich in Betriebsamkeit und Labsal zugleich:
"Viele Einzelmeinungen, mögen sie irrtumhaft falsch
oder auch sachbezogen richtig sein, werden,
wenn sie von den Meinungsträgern getrennt und in
z.B. statistische Paradigmen gepreßt werden, plötzlich
zu Wahrheiten ..., weil statistisch "beweisbar" ..."
In Entfernung aus der Dualität, also fern von dual -
Beliebigkeit und Zufall als Befindlichkeiten
würden noch unklarer,
wenn wir nicht gewohnt wären,
die Bewertungen in barer Münze
-oder Scheinen- wahrzunehmen,
sondern in runden Kieselsteinen,
oder durch "Glaskugeln" sehen,
aber man müßte sie dennoch zählen.
Deine ;-) etwas angeregte thau
Deine Sätze sind mir erquicklich in Betriebsamkeit und Labsal zugleich:
"Viele Einzelmeinungen, mögen sie irrtumhaft falsch
oder auch sachbezogen richtig sein, werden,
wenn sie von den Meinungsträgern getrennt und in
z.B. statistische Paradigmen gepreßt werden, plötzlich
zu Wahrheiten ..., weil statistisch "beweisbar" ..."
In Entfernung aus der Dualität, also fern von dual -
Beliebigkeit und Zufall als Befindlichkeiten
würden noch unklarer,
wenn wir nicht gewohnt wären,
die Bewertungen in barer Münze
-oder Scheinen- wahrzunehmen,
sondern in runden Kieselsteinen,
oder durch "Glaskugeln" sehen,
aber man müßte sie dennoch zählen.
Deine ;-) etwas angeregte thau
Jossele - 1. Mär, 20:06
Philosophie als Wissenschaft hat einen Haken, zumindest wenn sie von Wahrheit und Irrtum spricht.
Was ist philosophisch gesehen Wahrheit, was Irrtum?
Von Descartes über Hegel bis Wittgenstein und weiter wurde bislang alles an Wahrheit aus den Angeln gehoben, Sloterdijk sowieso (das ist mein Lieblingsreibebaum).
Wahrheit an sich, kann es die überhaupt allumfassend geben?
Ich denke, nein, genauso wie es den Irrtum als solchen nur "danach" gibt.
Die Idee, dass es eine Weltenformel, allumfassende Weisheit, Antwort auf Sinnfrage für alles, ja überhaupt Beschreibung der Frage geben kann, also ich halte das schlichtweg für überheblich.
Was ist philosophisch gesehen Wahrheit, was Irrtum?
Von Descartes über Hegel bis Wittgenstein und weiter wurde bislang alles an Wahrheit aus den Angeln gehoben, Sloterdijk sowieso (das ist mein Lieblingsreibebaum).
Wahrheit an sich, kann es die überhaupt allumfassend geben?
Ich denke, nein, genauso wie es den Irrtum als solchen nur "danach" gibt.
Die Idee, dass es eine Weltenformel, allumfassende Weisheit, Antwort auf Sinnfrage für alles, ja überhaupt Beschreibung der Frage geben kann, also ich halte das schlichtweg für überheblich.
Nante - 2. Mär, 07:32
überheblich ---- vielleicht
aber im Alltag doch eher sinnstörend als sinngebend .. da bin ich bei Dir..
Aber dennoch finde ich die Frage nach der Beliebigkeit - von mir eher als Zufall - auch im Alltag interessant..
Sage an mir frisch. konntes Du Sloterdijk länger als zweiblattweise lesen? ich nicht ...
Dafür habe ich Wittgensteins "tractatus" gelesen ... drei Monate lang ..
und auch alles vergessen ...
Aber dennoch finde ich die Frage nach der Beliebigkeit - von mir eher als Zufall - auch im Alltag interessant..
Sage an mir frisch. konntes Du Sloterdijk länger als zweiblattweise lesen? ich nicht ...
Dafür habe ich Wittgensteins "tractatus" gelesen ... drei Monate lang ..
und auch alles vergessen ...
Jossele - 2. Mär, 09:30
Der Tractatus hat sich mir erst nach mehrmaligem Durchmühen erschlossen. Im Prinzip benützt Wittgenstein eine Leiter (Sprache) um zu Erkenntnis zu klettern und haut sie nachher um.
Was hab ich den Wittgenstein geliebt, aber irgendwie, heut ist mir zuviel Hirn dabei, ja eigentlich ausschließlich Hirn und Intellekt.
Gefühl gibt es einfach nicht, oder ist eine Verfehlung.
"Sein und Zeit" vom Heidegger, oder "Das Sein und das Nichts" vom Sartre, die lesen sich flockig locker ;-)
Was hab ich den Wittgenstein geliebt, aber irgendwie, heut ist mir zuviel Hirn dabei, ja eigentlich ausschließlich Hirn und Intellekt.
Gefühl gibt es einfach nicht, oder ist eine Verfehlung.
"Sein und Zeit" vom Heidegger, oder "Das Sein und das Nichts" vom Sartre, die lesen sich flockig locker ;-)
Nante - 2. Mär, 17:48
liebe J./thau
vor allem hat mich diese Zusatzüberlegung von Dir angesprochen
*********************
wenn wir nicht gewohnt wären,
die Bewertungen in barer Münze
-oder Scheinen- wahrzunehmen,
sondern in runden Kieselsteinen,
oder durch "Glaskugeln" sehen,
aber man müßte sie dennoch zählen.
**************************
müsste man ????
Es wäre doch wunderbar, unsere " objektiven" Sammelurteile anders als in Zahlen auszudrücken..
Du kennst ja diesen berühmten Text von Novalis ..
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen
Wenn die so singen, oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freye Leben
Und in die Welt wird zurück begeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu ächter Klarheit wieder gatten,
Und man in Mährchen und Gedichten
Erkennt die wahren Weltgeschichten,
Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.
Diesem " märchenhaften" Wunsch nach den " freyen" Leben fröne ich immer noch ... immer dieses Messbare.... no my lady !
*********************
wenn wir nicht gewohnt wären,
die Bewertungen in barer Münze
-oder Scheinen- wahrzunehmen,
sondern in runden Kieselsteinen,
oder durch "Glaskugeln" sehen,
aber man müßte sie dennoch zählen.
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müsste man ????
Es wäre doch wunderbar, unsere " objektiven" Sammelurteile anders als in Zahlen auszudrücken..
Du kennst ja diesen berühmten Text von Novalis ..
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen
Wenn die so singen, oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freye Leben
Und in die Welt wird zurück begeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu ächter Klarheit wieder gatten,
Und man in Mährchen und Gedichten
Erkennt die wahren Weltgeschichten,
Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.
Diesem " märchenhaften" Wunsch nach den " freyen" Leben fröne ich immer noch ... immer dieses Messbare.... no my lady !
thau - 2. Mär, 19:13
ja, genau, Nante
noch ehe der Eindruck systemimmanent manipuliert ist
noch ehe der Eindruck systemimmanent manipuliert ist
interessantes thema
zum zweiten teil habe ich auch eine frage. :) meinst du damit den vorgang von these und antithese?
oder einfach so:
ausgelegt je nach Stimmung
@ SehnsuchtistmeineFarbe
Ja, ich denke, so wie Du schreibst kann das auch als Beliebigkeit ausgelegt werden: Vor allen bei Aussagen über unsere eigenen Emotionalitäten.. da ist es eben heute so und morgen so... immer wahr, aber doch nie eine endgültige und gleichzeitige Wahrheit ... Im Gegenteil : wie oft erleben wir, dass sich solche Wahrheiten als Irrtum erweisen. Denk mal an diverse "Liebesschwüre" usw...
Aber auch diese Irrtümer sind " beliebig" ... wenn ich z.B. nie darauf komme, dass mir mein Partner/meine Partnerin irgendwelche "Lügen" als "Wahrheiten" erzählt--- die Beliebigkeit liegt hier beim Irrtum eher an der zufälligen Möglichkeit der Aufdeckung.
Überhaupt scheint der Ausdruck Beliebigkeit dem Begriff Zufall sehr nahe zu kommen.
Wissenschaftlich - natur -und geistes - und humanwissenschaftlich - sind diese Behauptungen sogar - meine ich - systemimmanent.
Wahr/ richtig sind Aussagen so lange, bis sie widerlegt werden können. Sie sind also in einem höheren Sinne " beliebig".
In beiden Fällen scheint mir, dass wir diese beliebigen Sicherheiten brauchen, denn stets im Zweifel zu leben, hält woh kein Mensch aus.
Nein, ich sehe diese von mir überlegte Strategie nicht unbedingt als These- Antithese. Viele Einzelmeinungen, mögen sie irrtumhaft falsch oder auch sachbezogen richtig sein, werden, wenn sie von den Meinungsträgern getrennt und in z.B.statistische Paradigmen gepresst werden, plötzlich zu Wahrheiten ... , weil statistisch " beweisbar"...
Dass dann solche Erkenntnisse zu Vorgängen führen können, die eine Umkehr von gewohnten Aussagen = Thesen zu neuen Aussagen =Antithesen bewirken, kann ich mir vorstellen, wenngleich mir so auf die Schnelle kein Beispiel einfällt.
lg
Nante/M.