Vorab: ich kenne viele Texte, die sich mit der Reaität des Nazi - und des kommunistischen Arbeitslagers beschäftigen: von Hermann Langbein: „Nicht wie die Schafe zur Schlachtbank“ Widerstand in NS-Konzentrationslagern" über Primo Levi bis zu allen Büchern von Solschenizyn - Archipel GULAG .
Aber keines gibt dem Leiden so große poetische Dichte, ja, der Text ist geradezu eine Poesie des Grauens, die letztendlich der Aussage des Romans noch diese implizit zufügt: Flüchte dich auch in ärgsten Nöten in das Reich der Metaphern - sie machen Mut.
Herta Müller
Atemschaukel
Roman
Erscheinungsdatum: 17.08.2009
Fester Einband, 304 Seiten
Preis: 19.90 € (D) / 34.50 sFR (CH) / 20.50 € (A)
ISBN 978-3-446-23391-1
Hanser Verlag
Klappentext
Rumänien 1945: Der Zweite Weltkrieg ist zu Ende. Die deutsche Bevölkerung lebt in Angst. "Es war 3 Uhr in der Nacht zum 15. Januar 1945, als die Patrouille mich holte. Die Kälte zog an, es waren -15º C." So beginnt ein junger Mann den Bericht über seine Deportation in ein Lager nach Russland. Anhand seines Lebens erzählt Herta Müller von dem Schicksal der deutschen Bevölkerung in Siebenbürgen. In Gesprächen mit dem Lyriker Oskar Pastior und anderen Überlebenden hat sie den Stoff gesammelt, den sie nun zu einem großen neuen Roman geformt hat. Ihr gelingt es, die Verfolgung Rumäniendeutscher unter Stalin in einer zutiefst individuellen Geschichte sichtbar zu machen.
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Da der Hanser-Verlag ausdrücklich jede Zitierung in der Öffentlichkeit verbietet, bin ich gezwungen, was, was ich Euch mitteilen will, meinerseits aus dem Net zu schöpfen.
https://www.tagesspiegel.de/kultur/Herta-Mueller-Atemschaukel;art772,2876606
daraus:
Und so hat Herta Müller dieses Buch auch geschrieben: als die Geschichte eines Einzelnen und die aller Geschundenen zugleich. Dafür steht ihr eine Sprache zur Verfügung, die außerordentlich ist, ein Ton von großer erzwungener Nüchternheit, als müsse immer wieder zwischen zwei Sätzen ein Schreien unterdrückt werden. Zugleich verfügt sie über eine poetische Erfindungskraft, die den Schrecken und das Schreckliche in Bilder fassen kann, die selbst dem Elend seine Würde lassen.
Denn furchtbarerweise ist es ja auch banal, wenn einer Hunger hat. Oder Angst. Oder friert. Oder sich anscheißt. Von der „Hautundknochenzeit“ ist da die Rede, vom „Hungerengel“, von der „Atemschaukel“, das sagt alles. „Der Unterleib war ausgefroren, die Beine schoben sich totkalt in die Därme.“ Oder: „Ich wollte langsam essen, weil ich länger was von der Suppe haben wollte. Aber mein Hunger saß wie ein Hund vor dem Teller und fraß.“ Oder: „Das Zopfende hing heraus, als hätte sie von einem kleinen braunen Vogel schon die Hälfte abgebissen.“ Sätze wie diese, die einem das Herz zerreißen, kann nur Herta Müller, und diese Sätze sind schön, sie sind von einer atemberaubenden Schönheit.
Diese Symbolworte, vor allem der Hungerengel und die Atemschaukel kommen immer wieder.
"Der Hungerengel geht offenen Auges einseitig.Er taumelt enge Kreise und balanciert auf der Atemschaukel. Er kennt das Heimweh im Hirn und in der Luft Sackgassen. "