31
Jan
2010

Mao Xiang, Rainer Schwarz: Erinnerungen aus der Schattenaprikosenklause - Versuch einer Annäherung

„ Die Erinnerungen aus der Schattenaprikosenklause“ ist als Lobpreisung an die geliebte Nebenfrau des Autors Mao Xiang ( 1611 -1693), Dong Bai, mit den Ehrennamen Xiaowan zu lesen. Mao Xiang, dessen Ehrenname Pijang ist, sein Beiname Chaomin, Pu`an kommt aus einer standesmäßig sehr angesehenen Familie, die eine Anzahl von Gelehrten, Beamten und Schriftstellern stellte. Mao Xiang selber schaffte die Beamtenprüfung nie. Sie entspricht in etwa einem Universitätsabschluss und war für hohe Beamte ein Muss. Als Dichter und Kalligraph war er aber von Jugend an berühmt.
Die Han-Chinesen der klassischen Zeit hatten mehrere Namen: Familienname (nach dem Vatergeschlecht), Rufname, der wiederum nach Alter unterschiedlich ist: Milchname= Kindername, Buchname –also der „offizielle Vorname“, der dann noch vom Amtsnamen abgelöst werden konnte. Wichtig sind dann wieder die Ehrennamen. Diese wurden den ungefähr 20zigjährigen verliehen. Dieser Name wurde sehr häufig der bekannteste und auch Anredename.
Das erkläre ich deshalb so genau, denn Mao Xiang gibt in der Regel von allen Agierenden im Text auch die Namen an …. Das ist für einen Neuleser von Übersetzungen klassischer chinesischer Texte sehr verwirrend.

Der Beginn – quasi die Einstimmung auf den Text ist hier nachzulesen: https://nante2.twoday.net/stories/eintauchen-in-klassische-literatur-eines-uns-exotischen-kulturkreises/

Inhaltsplot: Während der Wirren des Wechsels der Ming- Dynastie zur Quing- Dynastie in den vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts lernt der junge Mao Xiang das erst 16 jährige , sehr schöne und berühmte Freudenmädchen Dong Xiaowan kennen und verliebt sich in sie. Aber er ist noch drei Jahre im kriegsgebeutelten Land unterwegs – hat andere Liebschaften, bis er sie wiedertrifft: mit einem fröhlichen Gelage feiern sie ihr Wiedersehen… am nächsten Tag wollte sie ihn zu seiner Familie begleiten. Er ist über ihre Beharrlichkeit erbittert- schickt sie zurück. Er wolle erst seine Beamtenprüfung machen. Daheim erklärt ihm seine Hauptfrau, dass sie Nachricht an Dong Xiaowan geschickt hätte, die sie um Hilfe und Vermittlung gebeten habe: diese dürfe in ihr Haus, wenn Mao Xiang seine Prüfung bestanden hätte.
Dong fuhr aber ohne auf diese offizielle Erlaubnis zu warten mit dem Boot und nur einer Dienerin in den Prüfungsort – bestand räuberische Überfälle – wurde ob ihres Liebreizes und Mutes von den Prüfungsmitbewerbern mit Gedichten und Bildern gepriesen - aber doch nicht vom Erzähler mit nach Hause genommen… Die Pflicht, seinem Vater beizustehen, geht wieder vor. Er befiehlt ihr nach heißen Liebeserlebnissen wieder einmal, nach Wumen – ihrem Heimatort, zurückzukehren und dort ihre Gläubiger zu befriedigen. Schließlich schaffen es sein Freunde, ihn zu überreden, Dong zu sich zu nehmen: einer von ihnen bezahlte alle Schulden des Mädchens und bringt es nach Rugao, dem Wohnort des Dichters. Das ganze Hin und her dauert 10 Monate.
Dong Xiaowan legt sowie sie endgültig weiß, dass sie in der Familie aufgenommen wird, ihr Freudenmädchengehabe ab, ( aaO 58-59) sie wird von ihrem Gatten wie eine wunscherfüllende Perle behandelt, merkt, dass dessen Gattin gütig und tugendhaft ist . Alle drei vertragen sich wie Milch und Wasser. aaO: 52- 53
In der Folge erfahren wir alle guten Eigenschaften dieser sehr Geliebten, erfahren, wie sie mit der Familie ihres Gatten vor dem Feind fliehen muss, wie sie es ist, die der Familie immer wieder mit Tat und gutem Rat aus der Patsche hilft. Sie stirbt schließlich an der Schwindsucht – schmucklos und bescheiden. Bald nach ihrem Tode beginnen Freunde des Dichters diese schöne und kluge Frau zu besingen.
Das gefiel Mao Xiang an Dong Xiaowan.

1. Sie liebt wie er die Natur.

Ich unternahm einen ganztägigen Ausflug mit Dong Xiowan, und gemeinsam gedachten wir der Schönheit der Janling-Stomschnellen des Quiantang-Flusses am Tongjun-Berg mit ihren grünen Wellen und düsteren Klippen. aaO 54.55

2. Sie beherrscht alle Arten der feinen Handarbeit, war eine Göttin der Nadel .

Eine seltene Handfertigkeit erlangte sie im Weben und Sticken … Pro Tag konnte sie sechst Stück davon fertigstellen
. aaO. 58 – 59

3. Sie verträgt sich mit der Mutter und der Hauptfrau tadellos.


H I L F S B E R E I T, arbeitsam und willfährig war sie weit mehr als die Sklavenfrauen. … Bei sengender Hitze und schneidender Kälte stand sie unfehlbar in dienstfertiger Haltung neben dem Sitz und wenn man sie zum Platz nehmen zwang, um zu essen und zu trinken, stand sie dann sofort wieder auf, um so ergeben wie zuvor dazustehen gleich einer A u f w ä r t e r i n.
aaO.60- 61

4. Sie leistete völlig ohne Entgelt die Arbeit einer Verwalterin der Familienfinanzen – beaufsichtigte das Hausgesinde gütig und milde.


Die Mittel, die ich brauchte, wenn ich ausging, und die ich für den Umgang mit Freunden benötigte, so wie alle Gelder, die mein Frau für ihre Alltagsausgaben verbrauchte, gingen durch ihre Hände, für sich aber nahm sie nicht das mindeste, denn sie war nicht begierig danach, Ersparnisse anzuhäufen und ließ sich auch nicht das kleinste Schmuckstück anfertigen.
aaO: 62-63

5. Sie leistet ihm bei seinen schriftstellerischen Arbeiten mit großem Verständnis wertvolle redaktionelle Hilfe, sie lernte sogar die Kunst der Kalligraphie.

Dong Xiaowan half mir den ganzen Tag lang mit Nachschlagen und Abschreiben, wobei sie alles sorgsam abwog. So saßen wir uns Tag für Tag bis in die Nacht hinein schweigend gegenüber. Sie verstand alle Gedichte, die sie las und äußerte kluge Bemerkungen, um sie zu erklären. aaO S.64-65, 66-67, 68-69, 70-71

6. Sie entwickelte eine weitere kulturelle Liebhaberei und Fertigkeit – Malerei


Als wir fliehen mussten, warf sie lieber ihre Toilettenutensilien fort, lud sich ein Bündel von Schrift – und Bildrollen auf und folgte uns so.
aaO. 72-73

7. Sie ändert ihre Vorliebe für einen „ kräftigen Schluck „ in die Liebe zum Tee und trinkt nur noch mit der Hauptfrau täglich mehrere Becher

Beim Teegenuss aber war sie genau so veranlagt wie ich selbst … Wenn er mit Wasser aus erstklassiger Quelle in kleinem Kessel auf schwachem Feuer mit feiner Rauchentwicklung gekocht wurde, wusch sie alles mit eigener Hand und blies selber das Feuer an … und ein frohes Lächeln glitt über ihr Gesicht.
Immer, wenn wir im Angesicht von Blüten oder im Mondlicht still einander zugewandt Tee tranken, während das Grün zu Boden sank und der Duft sich ausbreitete, dann war es wirklich so, als würden Magnolienblüten vom Tau benetzt , als blicken Zauberkräuter auf Wellengekräusel.
aaO 74-75


8. Er schätzt ihre Fertigkeit im Herstellen feinsten Weihrauchs , sie lassen ihn von Sklavenmädchen herstellen und genießen ihn mit Freunden und allein


In kalter Nacht in einem kleinen Raum - ringsum jadegeschmückte Vorhänge – mehrere Lagen Teppiche übereinander, ein paar brennende rote Kerzen …. die Ausstattung zusammengewürfelt, die Tische kreuz und quer stehend – und dazu mehrere bronzene Weihrauchbrenner …. in denen die ganze Nacht hindurch ein Feuer glomm, das die Farbe von flüssigem Gold oder hirsegelber Jade hatte. ….. Ich erinnere mich, dass wir beide seit Jahren diesen Geruch und diese Umstände liebten und stets noch nicht auf den Kissen lagen, wenn die Morgenglocke schlug.
aaO. 76-77, 78-79, 80-81

9. Sie hat großes Geschick in der Pflege der Aprikosenbäume und im Schmücken der Wohnräume mit deren Zweigen und Blüten – noch auf dem Sterbelager erfreuen sie Chrsyanthemen

Nachdem die Knospen sich gebildet hatten, begutachtete Dong Xiaowan zunächst, wie sich die Zweige ihrer Form nach in den Vasen auf den Tischen ausnehmen würde…… (sie hatte) ein klares Verständnis für alles, sodass immer eine malerische Stimmung und ein verborgener Duft die kleinen Räume des inneren Wohnbereichs erfüllten….. Sie war zwischen Chrysanthemen und Chrysanthemen und sie erschienen gemeinsam als Schattenbild.
aaO.82 – 83 ,84-85, 86-87


10. Sie liebt den Mond und richtet ihr Leben nach diesem


Die Nacht ist wohl die rechte Zeit für die Muße und zum Mond gehört Stille. … Das Leben des Menschen ist ein ständiges Hin und Her und bis in die Nacht hinein finden sie keine Ruhe.
aaO 88-89

11. Sie war auch anspruchslos in der Nahrung und bereitete für ihn und sie sehr bescheidene “Lieblings“speisen – einige zählt Mao Xiang auf….

Sie hatte keine Vorliebe für üppige Speisen. Sie goss sich immer ein Kännchen Tee in den Reis und aß einige Stängel Gemüse oder ein paar eingelegte Bohnen dazu …. Ich esse jedoch nicht gerne alleine … Dong Xaowan kannte meine Wünsche und tat alles, um die Gerichte schön und sauber zu gestalten.
aaO 90-91, 92-93, 94-95

12. Als die Großfamilie in Zeiten kriegerischer Unruhen aus der Stadt flüchtet, bleibt sie zu seiner Bedienung zurück- beide fliehen dann aber der Familie nach – auf dem Fluss Nan Jiang bestehen sie viele Gefahren – können sich aber – mittellos - retten. Er muss Dong Xiowan zurücklassen. Sie ist selbstlos und findet allein den Weg zur Familie zurück

Alles, was Dong Xiowan geliebt und geschätzt hatte, hatte sie eingebüßt. Als wir wieder zu Hause waren, sagte sie zu mir:“ Es war ganz richtig, dass du dich im Augenblick der größten Gefahr um deine alte Mutter gesorgt hast und in zweiter Linie um deine Frau und deine Kinder und deinen minderjährigen Bruder. Hätte ich nicht Schritt halte können und wäre in dem Bambusdickicht gestorben, hätte ich kein Bedauern empfunden“
. aaO 96-97, 98-99, 100-101, 102-103,104-105,106-107


13. Der Dichter verarmt infolge weiterer Kriegsgräuel total, leidet innerhalb von fünf Jahren an vielen tödlichen Krankheiten –liegt wochenlang fast wie tot im Bett …. Sie pflegt ihn aufopferungsvoll, wobei er mitunter grausam zu ihr ist


Diese 151 Tage hatte Dong Xiowan nichts anderes als eine zerrissene Matte, die sie quer zu meinem Lager ausbreitete. Wenn mir kalt war, nahm sie mich in die Arme, wenn mir heiß war, befächelte sie mich und wenn ich Schmerzen hatte, streichelte sie mich. Ihr Leib diente mir als Kissen, ihre Füße als Decke ….. Alles, was meinem kranken Körperangenehm war, verrichtete sie mit ihrem Leib. ….Sie kostete die Arzneigetränke, die sie mir reichte, und prüfte sogar meinen Stuhl sorgsam nach Aussehen und Geruch, wobei sie je nachdem Kummer oder Freude empfand
. aaO.112-113, 114 – 115, 116-117, 118-119,120-121


Weitere Bemerkungen:

A) So liest sich der Text in der angegebenen Übersetzung.

Jeder Seite: rechts – Übersetzung links- Original und Graphik. Der Übersetzer erklärte mir, dass sei nicht bei allen klassischen Texten so, sondern eher, weil dieser kurze Text so „ fülliger“ und noch anschaulicher wurde.

B) Da dieser Text chronologisch sehr genau erzählt wird, spielen die Zeitangaben eine große Rolle. Übersetzer Schwarz gibt aber in den Anmerkungen die genaue europäische Entsprechungen an – 17.Jahrhundert.
C)
Wie in der zeitgleichen Literatur Europas „ strotzt“ dieser Text auch von Belehrungen; Über die Zubereitung von Tee (75-75), die Zubereitung von Weihrauch (76-79), die Zubereitung von Speisen… Gelehrte Hinweise auf Dichtung und Malerei werden angefügt…. Mondgedichte verschiedener Dichter 88-89 verglichen

Vergleichenden Literaturwissenschaftler/Innen wäre hier ein weites Feld geöffnet.


Kurze persönliche Bemerkung:
Beim Lesen fragte ich mich, obwohl ich immer wieder den Zeitabstand zu heute und die Kulturunterschiede bedachte: „ Warum tat Dong Xiowan das alles ? Warum unterwarf dich sich so unbedingt als Nebenfrau ihrem Herren und den Frauen dieses Hauses?
Hier fand ich eine Antwort – ich lasse sie nur für frühere Zeiten gelten …
Sie aber sagte: „ Ich will alle Gedanken und Kräfte einsetzen, um mich dem Herren zu opfern. Wenn er am Leben bleibt und ich sterbe, lebe ich gleichsam weiter. Wenn aber ihm etwas zustößt und mein Körper bleibt in diesen Kriegswirren zurück, auf wen soll ich mich dann stützen?“aaO. 15-15

by mg

in 50 Jahren ist alles vorbei

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Auf d Nacht - auf spat

auf d Nacht - auf spat
sehen wir uns
in der Dämmerung , der tröstlichen.
Wir sehen uns nicht mehr deutlich -
auf d`Nacht unseres Lebens
doch z spat ist es nie
zu schauen:
Du auf mi! I auf di.. ....
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TÄTÄRÄTÄÄ !!!!
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@treo
Danke für den gut gemeinten und sicher auch objektiv...
Nante3 - 10. Aug, 14:34
das Ärgste, lieber bubi,...
dass ich hier zwar posten kann ( eh klar - sogar anonym),...
Nante3 - 10. Aug, 14:31
olle josef merkt submissest...
.......................... .......................... ....... frisst...
Bubi40 - 10. Aug, 12:20
datenverlust
nachdem du ja zahlender kunde bist bei twoday, solltest...
treo - 9. Aug, 23:58
hier steht ebenso wenig...
https://nante31.twoday.net/ stories/taeglich/
Nante3 - 9. Aug, 18:36

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